Gowns

Habe mir zum ersten Mal im Leben zweimal innerhalb von 24 Stunden eine gown übergeworfen, einen schwarzen Talar, das gehört hier seit Jahrhunderten dazu, wenn man dazu gehört, zu dieser Universität, als Mitglied eines College. Das ist schon irgendwie merkwürdig für jemanden, der sowas nicht mal bei der Promotion anhatte; damals war sogar das Hemd weder weiß noch gebügelt; man fand das nicht so wichtig, besagten doch schon die Spruchbänder der Studentenbewegung 1968: „Unter den Talaren – Muff von tausend Jahren…“

Gown-Tragen war am Dienstag Pflicht für die Chormitglieder -und zu denen gehöre ich nun- beim ökumenischen Gottesdienst, den wir begleiteten. Danach schritten wir im selben Aufzug gemeinsam zur Formal Hall. Gestern dann Guest Night, das elegante Abendessen dieses Trimesters (mit eigens gemietetem Dinner Jacket, bow tie usw.). Da empfand man das zusätzliche Tragen dieses schwarzen Überwurfs schon mehr als Routine denn als Bekenntnis. Es ist ja durchaus angenehm, Mitglied einer Universität dieser Qualität, und ihres kosmopolitischsten und egalitärsten College, zu sein.

Jetzt selber einen Talar zu tragen, und sich dabei inmitten der hiesigen Fellows weder besonders lächerlich noch unwohl noch unwürdig zu fühlen, das gibt einem zu denken, z.B. darüber, wie schnell und gern wir uns auch äußerlich an eine Gemeinschaft anpassen, sich mit ihr identifizieren, ja sich  sogar zu ihr „bekennen“ können, wenn sie nur genügend selbst- und sendungs- und qualitätsbewusst und ehrwürdig auftritt, und allgemein anerkannt wird.

Diese gowns werden in Cambridge seit urdenklichen Zeiten in allen möglichen Abstufungen, je nach -im Laden vorzuweisendem- akademischem Abschluss, Rang, Fach, College, Anlass usw. verliehen und verkauft. Sich bei diesen schwarzen Gewändern auszukennen, das ist eine Wissenschaft für sich, meint unser Porter: „It’s a black science“.