Faschisten sind immer die anderen

comparative fascist studies on Italy and Germany

Kategorie: definitional

Kein Zugang ist „falsch“ (außer der faschistische)

Skeptisch gegenüber „großen“ politikwissenschaftlichen Theorien von einem generic fascism, für die das Ideologische konstituierend ist, bleiben viele, die soliden geschichtswissenschaftlichen Untersuchungen aller Aspekte der real existierenden Faschismen der Zwischenkriegszeit mehr Aussagekraft beimessen.

Hier bestätigt sich, wie gegensätzlich die Sichtweisen der Geschichts- und der Politikwissenschaft anmuten können (zusätzlich befruchtet von Anthropologen, Soziologen, Psychologen und anderen). Dabei sind sie nur unterschiedlich, durchaus miteinander zu versöhnen, und zwar Erkenntnisgewinn bringend für alle. In dieser Richtung ermutigen uns unter anderen Robert O.Paxton, Zeev Sternhell und Constantin Iordachi zu unserer vereinfachenden, vorläufigen Schlussfolgerung:

Wenn man schon über zwei unterschiedliche methodische Zugänge zum Faschismus verfügt, einen auf dem Weg über die faschistische Ideologie und einen anderen über die faschistische Wirklichkeit, dann kann man vielleicht aus der Not eine Tugend machen, z.B. indem man den Untersuchungsgegenstand zweiteilt in den einen, den ideologischen Faschismus, und den anderen, den real existierenden Faschismus. Möglicherweise entwickelt sich dann mehr konstruktiver Erkenntnisfortschritt, und vielleicht sogar wirklich ein -beschränkter- „neuer Konsens“ zwischen beiden Denkschulen und Disziplinen, der „generischen“ und der „historischen“.  

Il fascismo in cinque parole-chiave

Fascism is the pursuit of a transcendent and cleansing nation-statism through paramilitarism.

Il fascismo è la ricerca di un nazional-statalismo trascendente e „ripulitore“ attraverso il paramilitarismo. Questa è la definizione più concisa del fascismo che abbiamo incontrato, ma anche una delle più dense ed attuali, se andiamo andare a vedere come l’autore, il famoso sociologo Michael Mann dell’UCLA di Los Angeles, spiega le cinque parole-chiave che ha usato in quella frase.

1) Nazionalismo: impegno estremo, profondo, populista, organico, integrale, e per questo „molto poco tollerante“ verso la diversità etnica o culturale, con un fortissimo senso di presunte minaccie mortali da parte di „nemici“ interni ed esterni, spesso di „razza“ diversa, dai quali la Nazione deve difendersi con estrema aggressività: mors tua, vita mea.

2) Statalismo: venerazione dello Stato, che deve impersonare una volontà ed un’autorità responsabile di tutto e di tutti, in una elite di partito total(itaria)mente dedita al principio di leadership, ed all’obiettivo di trasformazione radicale della Nazione e del mondo, soprattutto nella fase di ascesa al potere.

3) Trascendenza: l’aspirazione non ad un compromesso tra capitalismo e socialismo (ad una terza via, come sostiene Roger Eatwell), ma adandare molto oltre, con l’ambizione addirittura di creare un „uomo nuovo„. Questo è la più problematica e variabile tra le cinque parola-chiave, perché di fatto mai realizzata: questo soprattutto perché anche nei fascismi, una volta al potere, aumenta la tensione tra radicali combattenti movimentisti da una parte, e dall’altra realisti machiavellici opportunisti, più inclini a rapportarsi con le elites tradizionali.

4) Pulizia: percezione (e rappresentazione) degli avversari come „nemici“ da rimuovere, per „ripulire“ la nazione „infetta“. Questa è il culto dell’azione, dell’aggressività fascista. Quasi tutti i i fascismi, chi più (nazismo tedesco) chi meno (fascismo italiano) tendono ad andare oltre la „pulizia politica interna“, allargando le loro incursioni di „pulizia“ anche all’estero ed ad altri popoli, considerati „inferiori“, fino ad arrivare alla „pulizia etnica“ estrema (su questo fenomeno, Michael Mann è forse l’esperto di più ampio respiro mondiale, con la sua recente opera monumentale: The Dark Side of Democracy: Explaining Ethnic Cleansing). Dove prevale la pulizia etnica, sia verso l’estero che all’interno, essa tende ad essere ancor più radicale della pulizia politica: questo perché l’avversario politico della stessa etnia in teoria può essere recuperabile; l’altro invece secondo i nazifascisti è il „diverso“ per sempre, per natura, per nascita, etnia o „razza“, una specie a parte, minacciosa e pericolosa, ossia da combattere, liquidare, sopprimere.

5) Paramilitarismo: È un termine-chiave per capire sia i valori che l’organizzazione fascista. Il paramilitarismo è visto come „popolare“, „spontaneo“, vissuto „dal basso“(è questa la „qualità che distingue il fascismo da tanti altri tipi di dittatura), ma allo stesso tempo con una missione da elite, da avanguardia della Nazione. Il mito del cameratismo tra „duri e puri“, legittimati alla violenza anche illegale, forgiato in battaglia, è uno dei tratti definitori del fascismo. e della sua ambizione di forgiare un uomo nuovo fascista, una nuova elite di gerarchi, che vada molto oltre un semplice partito, ma dovrà creare e dominare uno stato autoritario ed una nazione organica, un’ordine nuovo. Mann osserva: „Il fascismo italiano fu per molti anni un’organizzazione esclusivamente paramilitare. Il fascismo si manifesta sempre in uniforme, in marce, pericoloso, armato, destabilizzatore. Il fascismo dice sempre di difendersi, ma sempre „da vincitore“. Ma la violenza paramilitare dei fascisti non è fine a se stessa, e neanche solo per intimidire ma anche per impressionare favorevolmente sia il popolo che le elites, a rafforzare continuamente la propria immagine e posizione di potere che ha anche l’ambizione di vincere le elezioni. Difatti…

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(Fonte: Michael Mann, Fascists, Cambridge University Press, 2004)

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Eigene „Schlüsselwortwahl“ zum Gattungsbegriff Faschismus

Aus unterschiedlichen anglophonen Faschismusdefinitions- und Erklärungsversuchen nun stichwortartig einen relativ breiten Konsens über einige deutsch-italienische Gemeinsamkeiten herausdestillieren zu wollen, erscheint  fast unmöglich. Trotzdem fühlt sich der Unterfertigte bemüßigt, hier nun auch selbst eine persönliche Auswahl von Schlüsselworten (eine von vielen möglichen) offenzulegen, die er mit dem Begriff „Faschismus“ assoziiert. Dass auch er sich dieser Übung unterziehen wollte, rechtfertigt er einerseits unter seinem Hauptgesichtspunkt der politischen Bildung und andererseits unter dem Aspekt der persönlichen Transparenz. Hier also, aus der bescheidenen persönlichen Warte und Formulierung des Unterfertigten, die Stichworte, die er zum Zeitpunkt des Schreibens wählen würde, um gerade aus unserem historisch belasteten Grenzgebiet heraus zu Seitenblicken über die eigenen Provinzgrenzen hinaus anzuregen. Seitenblicke auf heutige und künftige Risiko- und Präventionspotentiale rund um den Faschismus als grenz- und epochenüberschreitendes Phänomen:

Mehrfachkrise als Entstehungsbedingung

(in den beiden „spätgeborenen“ und „weltkriegsverletzten“ Staaten Italien und Deutschland besonders virulent):

  • Identitäts- und Wertekrise

  • Parlamentarismuskrise

  • Weltwirtschaftskrise

Endkampfstimmung  als Weltanschauung

  • Umstürzlerischer Ultranationalismus

  • Heilserwartung an einen unanfechtbaren Führer

  • Anti-Pluralismus und Anti-Liberalismus

  • Anti-Egalitarismus und Anti-Marxismus

  • Mythos der homogenen Gemeinschaft (national, „rassisch“, kulturell)

  • Angst vor tödlicher Bedrohung des eigenen „Volkskörpers“ durch „Infizierung“

  • Glaube an einen schicksalhaften, sozialdarwinistischen „Endkampf“ der Völker ums Überleben:

  • Verherrlichung von Wehr- und Mannhaftigkeit, Gewaltanwendung, Expansion und Krieg

  • Glaube an kollektive Erneuerung und erlösende Wiedergeburt

Massenmobilisierung als Wunderwaffe

  • Führerprinzip: alles muss schnell und entschlossen von oben nach unten entschieden werden

  • Massenmobilisierung und Gleichschaltung mit modernsten Medien

  • (Para-)militärische Organisation

  • (Pseudo-)religiöse Stilelemente

  • „Gesundes“ „ohne Rücksicht auf Verluste“ gegen „Artfremdes“ bzw. „Entartetes“

  • Brutale Repression jeder Opposition oder Abweichung

  • Kriegerische Expansion und Imperialismusm

  • Fokussierung auf Feindbilder und Sündenböcke

Müsste das Destillat noch konzentrierter und auf noch weniger und nüchternere Worte reduziert sowiegereiht werden, so würde der Unterfertigte nach dem Studium englischsprachiger Faschismusforschung die Gemeinsamkeiten „unserer beiden Faschismen“ am ehesten an Hand der folgenden zehn Schlüsselbegriffe zu erläutern versuchen:

  1. Mehrfachkrise

  2. Umwälzung

  3. Volksgemeinschaft

  4. Führerglaube

  5. Massenmobilisierung

  6. Endkampfstimmung

  7. Exklusion

  8. Anti-Egalitarismus

  9. Expansion

  10. „Killerinstinkt“

Dies, wie angedeutet, nur als „handliches“, eigenes Beispiel für einige von vielen möglichen Ausgangspunkten für Diskussionen. Weiter möchte der Unterfertigte im Rahmen seiner „politischen Bildungs-Fragestellung“ vorerst nicht gehen. Zu zahlreich, zu vielschichtig, zu unterschiedlich, und gleichzeitig jeweils in Teilen zu überzeugend, erscheinen ihm die Thesen, Theorien und Definitionsversuche der vergleichenden „generischen“ Faschismusforschung in englischer Sprache, mit denen er in sieben Monaten konfrontiert wurde, um es zu wagen, ihnen weiter gehende eigene Thesen oder Theorien hinzuzufügen, etwa gar „aus einem Guss“ und von aller Welt zu teilen. So etwas kann es aus meiner bescheidenen Sicht zu einem derart komplexen Phänomen und Begriff wie Faschismus genausowenig geben wie zu Begriffen wie Totalitarismus, Nationalismus, Moderne oder „politische Religion“. Wenn der Unterfertigte aus der intensiven Beschäftigung mit seinem Untersuchungsgegenstand etwas gelernt hat, so dieses. 

Mann nimmt Faschisten ernst

Michael Mann von der University of California Los Angeles UCLA (er lehrt aber auch an der Queens University in Belfast in Nordirland) gilt als einer der führenden Soziologen der Gegenwart, eine zweibändiges Werk The Sources of Social Power als Referenztext zu den Quellen, Mechanismen und Netzwerken gesellschaftlicher Macht. Dem Faschismus hatte er eigentlich nur ein Kapitel in einem geplanten dritten Band zugedacht. Dann sind jedoch zwei weitere eigene Bücher daraus geworden. Das eine hat auch, aber nicht nur mit dem europäischen Faschismus, sondern mit „ethnischen Säuberungen“ auch andernorts zu tun und trägt den Titel: The dark Side of Democracy: Explaining Ethnic Cleansing (italienische Fassung: Il lato oscuro della democrazia. Alle radici della violenza etnica ed. Università Bocconi, I nuovi classici;

Das erste heißt einfach Fascists und analysiert soziologisch den Aufstieg derselben, zuerst in Italien, dann in Deutschland, auch in Österreich (Austrofaschisten auf der einen, Nazis auf der anderen Seite). Mann widmet dann auch der ungarischen, der rumänischen und der spanischen „Familie des Autoritarismus“, wie er diese nennt, eigene Kapitel. Er schließt mit einem Rückblick auf die Faschismen, die hinter uns liegen – und jene, die noch auf uns zukommen könnten.

Zuerst nennt Michael Mann

Sieben Gründe, warum Faschisten ernstzunehmen sind:

1. Der Faschismus ist -neben der Umweltbewegung- die einzige wichtige politische Doktrin, die die Moderne im 20.Jahrhundert hervorgebracht hat; von daher ist anzunehmen, dass irgendetwas Ähnliches -aber sicher unter einem anderem Namen- auch im 21.Jahrhundert eine wichtige Rolle spielen wird .

2. Der Nationalstaat prägt unsere Ära, mit all seinen Ideologien und Pathologien, aber meist in relativ milder Form. Der Faschismus ist die extremste, die paramilitärische Ausprägung der vorherrschenden, der nationalstaatlichen Ideologie unserer Epoche.

3. Die faschistische Ideologie muss in ihrem Innern ernst genommen werden, statt dass man sie einfach als verrückt, widersprüchlich oder vage abtut. (…) Das war eine Bewegung mit Idealen, die wesentliche Teile zweier Generationen überzeugte, sie könnte eine harmonischere soziale Ordnung zustandebringen.

4. Wir müssen die Frage ernstnehmen, was für eine Art Mensch vom Faschismus angezogen war. Ungebildete gab es bei den Faschisten und ihren Anhängern nicht mehr als anderswo. Überdurchschnittlich vertreten waren relativ gebildete junge Männer aus allen sozialen Schichten, für die die Nation und der Staat einen hohen Wert darstellten.

5. Wir müssen auch die faschistischen Bewegungen ernstnehmen: hierarchisch, aber kameradschaftlich, eröffneten sie ihren Anhängern neue Chancen: einerseits zu radikaler, aber durch die Gruppe „legitimierter“ Gewaltanwendung, andererseits zu opportunistischer Anpassung und rasanter Karriere.

6. Wir müssen „hartgesottene“ Faschisten auch in einem viel dunkleren Sinn ernstnehmen: als Leute, die anderen Schlimmes antun können. Diese Fähigkeit ist Teil des menschlichen Wesens. Die Selbsttäuschung faschistischer Täter gehört auch dazu. Faschismus verstehen heißt verstehen, wie Menschen mit anscheinend hohen Modernisierungsidealen dazu kamen, letztlich absolut Böses zu tun.

7. Wir müssen die Möglichkeit ernstnehmen, dass wieder Faschisten im Kommen sind. Einige der Voraussetzungen, die Faschismus hervorgebracht haben, sind gegeben. Ethnische und politische „Säuberung“ war einer der prägendsten „Beiträge“ Europas zur Moderne; und gewalttätiger Paramilitarismus war eine Spezialität unseres 20.Jahrhunderts.

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(Source: Michael Mann, Fascists, Cambridge University Press,2004, pp. 1-4)

Sich in der Masse stark fühlen

Robert O.Paxton, emeritierter Professor der Columbia University in New York, zuvor in Berkeley (nach Studium in Oxford und Harvard), kennt sich wie wenige andere im Frankreich des Vichy-Regimes aus, das mit dem nationalsozialistischen Deutschland kollaboriert hat. Er hat aber auch 2004 ein vielbeachtetes Buch allgemeineren Inhalts geschrieben, The Anatomy of Fascism, das auch in einer deutschen Übersetzung erschienen ist (Die Anatomie des Faschismus, DVA, München 2006).

Die faschistische Ideologie äußert sich laut Paxton so unterschiedlich und so widersprüchlich, dass er versucht ist, sie rein funktionalistisch zu sehen:

Fascists propose anything that serves to attract a crowd, solidify a mass following, or reassure their elite acccomplices.

Faschisten böten das, was ihnen in ihrem wechselnden Umfeld gerade am geeignetsten erscheine, die Massen anzuziehen und bei der Stange zu halten – und den Beistand der Eliten zu sichern. Wenn man nur ihre Texte studiere, könne man ihre Taten nicht verstehen, denn diese stimmten mit jenen nicht nachhaltig überein. Demnach definiert Paxton Faschismus als eine Form politischen Verhaltens, die gefühlte kollektive Demütigungen und Verfallserscheinungen mit einem Kult der Kraft kompensiert und das Heil in der Gewaltanwendung sucht, in einer Massenpartei von militanten Nationalisten, im Abbau demokratischer Freiheiten, in innenpolitischen „Säuberungen“ und außenpolitischer Expansion ohne ethische oder rechtliche Einschränkungen, in einer begrenzten, aber wirkungsvollen Zusammenarbeit mit den traditionellen Eliten:

Fascism may be defined as a form of political behaviour marked by obsessive preoccupation with community decline, humiliation, or victim-hood and by compensatory cults of unity, energy and purity, in which a mass-based party of committed nationalist militants, working in uneasy but effective collaboration with traditional elites, abandons democratic liberties and pursues with redemptive violence and without ethical or legal restraints goals of internal cleansing and external expansion.

Faschismus definieren bedeutet für Paxton eine fünffache Herausforderung annehmen.

Wir fassen sie in Fragen:

– Auf welchen Zeitrahmen lässt man sich ein?

– Welche Abwandlungen rechnet man dazu?

– Wie lässt sich aus so viel Vielfalt etwas verallgemeinern?

– Inwieweit entspricht faschistische Praxis faschistischer Theorie?

– Ist ein so umstrittener und als Schimpfwort missbrauchter Begriff wissenschaftstauglich?

Paxton ist sowohl Historiker als auch Politikwissenschaftler. Wohl auch deshalb ist auch seine Sicht des Faschismus keiner der „Denkschulen“ zum Faschismus eindeutig zuzuordnen. Er findet aber klare Worte, z.B. zur marxistischen Interpretation des Faschismus, wie sie früher gängig war:

„Die Linke hat zwei Generationen gebraucht, bis sie verstanden hat, dass der Faschismus alles in allem eine authentische, massenhafte, volkstümliche Begeisterung ist, und nicht einfach nur die clevere populistische Manipulation von Emotionen durch reaktionäre Rechte oder krisengeschüttelte Kapitalisten.“

Aber auch neueren Zugängen zum Faschismus widerpricht Paxton deutlich. Manche überschätzten die Aussagekraft der äußeren Symbole des Faschimus. Was andere Forscher sehr ernst nehmen und durchaus mit Religion vergleichen, tut er als „Dekor“ ab. Die unterschiedlichen Varianten des Faschismus legitimieren sich eben nicht über eine schriftliche Überlieferung mit Anspruch auf universale Gültigkeit, über eine „heilige Schrift“, sondern über das, was sie als den authentischsten Ausdruck ihrer jeweils eigenen kollektiv-nationalen Identität hoch halten wollen, und das seien naturgemäß recht verschiedene Dinge. Von da her lässt sich für Paxton keine große allgemeingültige Faschismustheorie konstruieren.

Am meisten zu schaffen macht den Theoretikern des Faschismus dessen zweideutiges Verhältnis zwischen Doktrin und Aktion, so Paxton, die irrational irrlichternde Beziehung zwischen seinem Wort und seiner Tat. „Wir Intellektuelle“ neigten dazu, alle -ismen des 19.Jahrhunderts, also Konservatismus, Liberalismus, Sozialismus usw., von ihrer Doktrin her zu bewerten – und analog dazu auch den Faschismus als etwas anzusehen, das in sich schlüssig und universal gültig sein wolle. Aber der Faschismus sei kein vernunftbetontes philosophisches Gedankengebäude für Notabeln (und solche, die es werden wollen), sondern etwas anderes: eine politische Praxis, die auf die Politik der Massen des 20.Jahrhunderts zugeschnitten ist.

Fascism is a political practice appropriate to the mass politics of the twentieth century.

Die Sprache der Faschisten mag sich an den Sozialdarwinismus anlehnen, aber es geht ihnen nicht um die „Richtigkeit“ einer Theorie (die sie nie hatten). DAS „Faschistische Manifest“ hat es nie gegeben. Sie verachten Vernunft und „des Gedankens Blässe“, wandeln locker von einer intellektuellen Position zur nächsten und zur übernächsten. Anders als bei der traditionellen Rechten, wo die Vernunft dem Glauben unterworfen wird, fühlt man sich hier nur schicksalhaften Blutsbanden untertan, d.h. dem Recht des „blutsmäßig“ Stärkeren, und dieser Stärkere hat man selbst zu sein. Die einzige moralische Richtschnur der Faschisten ist diesseitig: „das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit“ ja, aber die jener Rasse, jener Nation, jener Volksgemeinschaft, die sich kühn und tüchtig und brutal durchsetzt gegen den Feind. Der Feind ist absolut unverzichtbar, muss aber nicht für alle Faschismen immer nur „der Jude“ sein.

Gefühl sei stärker als Gedanke und auch Glaube. Davon ausgehend, seien die Faschismen in der Mobilisierung der Massen anders, und stärker, als andere. Welche Gefühle?

Für Paxton haben alle Faschismen sieben mobilizing passions gemein, Leidenschaften mit stark motivierender und mobilisierender Wirkung. Dieser Zugang spricht uns an. Wir interpretieren ihn mit unseren eigenen Worten so:

1. Das Gefühl, dass die Gemeinschaft Vorrang hat vor allem anderen – und dass die Pflichten ihr gegenüber über allen Rechten stehen, die man hat, egal ob universell oder individuell.

2. Das Gefühl, dass die Gemeinschaft Opfer von inneren und äußeren Feinden ist – und dass dagegen alle Mittel erlaubt sind.

3. Die Angst vor dem Verfall der Gemeinschaft durch die „zersetzende“ Wirkung individualistischer und kosmopolitischer Liberaler.

4. Das Zusammenschweißen der Gemeinschaft zu einer Blutsbruderschaft, möglichst mit einheitlichen Überzeugungen, nötigenfalls mit gewalttätigen Säuberungen.

5. Die Stärke der Gemeinschaft stärkt das Zugehörigkeitsgefühl, die Identität und das Selbstbewußtsein der Einzelnen.

6. Überall in der Gesellschaft ist es allein die Autorität einer (männlichen) Führernatur, die das Schicksal der Gemeinschaft verkörpert.

7. Schön ist, was dem Endsieg der Gemeinschaft geweiht ist: man kultiviert eine Ästhetik des Säuberns und des Siegens, des reinen Willens, der nackten Gewalt.

Überall dort, wo Paxton nur Gruppe schreibt, haben wir hier den Begriff Gemeinschaft verwendet. Dies um die Überzeugungs- und Suggestivkraft solcher mobilizing passions hervorzuheben. Sie erscheinen uns als ein zentraler, und realistischer, Zugang zur Faschismusfrage: Wem es gelingt, solche Gefühle zu entfesseln, der/die kann in bestimmten historischen Situationen erwiesenermaßen Millionen BürgerInnen dazu bringen, sich auch jenseits von Gruppenzwängen ihrer Identität, Eigenverantwortung und Menschenwürde als Einzelne zumindest zum Teil freiwillig bis begeistert entledigen zu wollen, um sich im Heilsversprechen, in der Geschlossenheit und vermeintlichen Unschlagbarkeit einer „Volksgemeinschaft“ rund um einen Führerkult kollektiv besser aufgehoben zu fühlen.

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 (Quelle: Robert O. Paxton, The Five Stages of Fascism, The Journal of Modern History, Vol. 70, No. 1. (Mar., 1998), pp. 1-23, The University of Chicago Press: http://w3.salemstate.edu/~cmauriello/pdfEuropean/Paxton_Five%20Stages%20of%20Fascism.pdf= http://links.jstor.org/sici?sici=0022-2801%28199803%2970%3A1%3C1%3ATFSOF%3E2.0.CO%3B2-3)

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Die meistdiskutierte Definition des Faschismus Fascismo generico: la definizione più discussa

1991 prägte Roger Griffin (mit dem wir ein langes Gespräch geführt haben, das wir in diesem Blog vom 5. bis 7.Juli wiedergegeben haben) jene Ein-Satz-Definition des Faschismus, die seitdem unter Fachleuten die meistdiskutierte ist:

Fascism is a genus of political ideology whose mythic core in its various permutations is a palingenetic form of populist ultra-nationalism.

DE: Faschismus ist eine Art politische Ideologie, deren mythischer Kern in ihren verschiedenen Abwandlungen in einer palingenetischen Form eines populistischen Ultranationalismus besteht.

IT: Fascismo è una specie di ideologia politica il cui nucleo mitico consiste, nelle sue varie permutazioni, in una forma palingenetica di ultranazionalismo.

Seit Roger Griffins Buch The Nature of Fascism (1991) inspirieren bzw. provozieren seine zahlreichen Schriften allem Anschein nach mehr als alle anderen, sei es zum Weiterdenken, sei es zum Widerspruch. Zu letzterem reizt nebenbei sein Anspruch, einen new consensus eingeleitet zu haben. Diesen Konsens wollen andere so weder erkennen noch nachvollziehen. Griffin versteift sich jedoch nicht auf seine ursprünglichen Formulierungen, sondern vertieft bzw. überhöht seine Theorien auch philosophisch weiter. In seinem Werk Modernism and Fascism (2007) bereichert er seine Neudefinition des Faschismus (diesmal in zwei Sätzen) um dessen Verhältnis zur Moderne, zur Transzendenz und zum Totalitarismus:

Fascism is a form of programmatic modernism that seeks to conquer political power in order to realize a totalizing vision of national or ethnic rebirth. Its ultimate end is to overcome the decadence that has destroyed a sense of communal belonging and drained modernity of meaning and transcendence and usher in a new era of cultural homogeneity and health.

DE: Faschismus ist eine Form von programmatischem Modernismus, der politische Macht erobern will, um eine totalisierende Vision einer nationalen oder ethnischen Wiedergeburt zu verwirklichen. Seine oberstes Ziel ist die Überwindung des Verfallserscheinungen, die das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft zerstört sowie die Modernität jeglichen Sinns und jeglicher Transzendenz entleert haben sollen, sowie die Einleitung eines neuen Zeitalters kultureller Gleichartigkeit und Gesundheit.

IT: Fascismo è una forma di modernismo programmatico che cerca di conquistare potere politico per realizzare una visione totalizzante di rinascita nazionale o etnica. Il suo fine ultimo è il superamento della decadenza che avrebbe distrutto ogni senso di appartenenza comunitaria e svuotato la modernità di ogni significato e transcendenza, e l’inaugurazione di una nuova epoca di omogeneizzazione e salute culturale.

(N.B.: Freie Übersetzung ins Deutsche und Italienische durch faschistensindimmerdieanderen)

Tre strategie per cinque tappe fasciste

Robert O. Paxton è uno storico e scienziato politico della Columbia University di New York, esperto sia del regime collaborazionista di Vichy che di Anatomia del Fascismo. Così si chiama l’edizione spagnola di un suo libro importante del 2004 (The Anatomy of Fascism). Quella italiana invece, è intitolata molto diversamente:“Il fascismo in azione. Che cosa hanno veramente fatto i movimenti fascisti per affermarsi in Europa.“ Ma questo non vuol dire che Paxton sia indulgente con il fascismo, anzi, è solo controcorrente: scrive dei fascismi al plurale, perchè il suo approccio è assolutamente comparativo, ma soprattutto è più pragmatico e meno teorico di altri. In seguito traduciamo a modo nostro, parafrasando e semplificando, alcuni stralci di un suo articolo sul Journal of Modern History:

Il fascismo è niente di meno che la novità politica più originale del Ventesimo Secolo.

Ha raccolto forti consensi attorno a dittature dure, violente, antiliberali ed antisocialiste.

Se non siamo capaci di esaminare, generalizzare e sintetizzare i vari fascismi, rischiamo di non capire né questo secolo né quello che seguirà.

Ma sintetizzare il termine fascismo a livello academico è molto difficile. Il fascismo è come la pornografia, si spinge a sostenere Walter Laqueur: „E`difficile -forse impossibile– trovarne una definizione che abbia valore operativo e legale“ . E la definizione del fascismo si complica ulteriormente per due errori comuni a molti ricercatori:

A) Il primo errore: trattare il „fascismo generico“ come un’ideologia statica. A parte alcune notevoli eccezioni, se ne cerca un’improbabile essenza fissa, il famoso fascist minimum.

B) In secondo luogo, i fascismi vengono esaminati in maniera troppo isolata, senza tener conto sufficientemente degli spazi politici sociali culturali in cui navigano.

Questi due errori comuni producono quello che si potrebbe chiamare un „bestiario“ del fascismo, simile a quei sforzi medievali di catalogare i mostri, raggruppandoli secondo certi loro tratti salienti.

Possiamo andare oltre questo approccio adottando tre semplici strategie dello storico:

1) studiare il fascismo in motion, in movimento, guardando più ai processi che alle „essenze“.

2) studiare il fascismo in context, analizzando ancor più compiutamente il contesto, la società civile, le interazioni con complici ed avversari ecc.

3) studiare la sconcertante multiformemalleabilità dei vari fascismi nel tempo e nello spazio geopolitico.

Paragonare è un modo di ragionare, più che una metodologia:

Comparison is „a way of thinking more than a method“.

The most significant differences that comparison reveals to us concern the setting as much as the character of the fascist movements. This seems to be a quite fundamental principle of good comparative method. The description of fascist movements in isolation does not explain much.

Ed i confronti sono molto specialmente illuminanti quando parliamo di fascismo: perchè tutte le società ne ospitano almeno qualche traccia: paragonare casi specifici aiuta ad identificare i principali fattori di successo od insuccesso.

Non volendoci limitare a distinguere cronologicamente solo due forme di fascismo, un fascismo-movimento, seguito da un fascismo-regime, possiamo distinguere cinque tappe:

1) la creazione di movimenti fascisti;

2) il loro radicamento come partiti in un sistema politico;

3) la presa del potere

4) l‘esercizio del potere

5) la radicalizzazione, o entropia .

Un certo protofascismo lo si riscontra in tutti gli stati moderni, dopo la prima guerra mondiale. Le origini del fascismo non sono localizzabili in una storia intellettuale di una nazione soltanto. Germania post-illuminista a parte, è la cultura francofona quella che ha prodotto più maitre à pensér al riguardo. Ma studiando il Ku Klux Klan, nato prima del 1870 nel sud degli Stati Uniti,

si trovano buone ragioni per sostenere che il primi a comportarsi da fascisti furono proprio loro. Considerando che i fascismi nascono solitamente come reazioni a dei (percepiti) fallimenti delle democrazie, non c’è da sorprendersi che siano nati proprio nelle due democrazie più precoci, quella americana e quella francese. Ci si può chiedere, piuttosto, perchè storicamente non è lì che hanno avuto più successo. Da un punto di vista preventivo, i raffronti più istruttivi sono quelli anche con altre situazioni dove il fascismo non ce l’ha fatta. È lì che possiamo spingerci a generalizzare un pò:

Success depends on certain relatively precise conditions: the weakness of a liberal state, whose inadequacies seems to condemn the nation to disorder, decline, or humiliation; and political deadlock.

N.B. redazionale: Allora, in fondo non ci è voluto tanto per l’ascesa dei fascismi al potere: Indebolimento di uno stato liberale, le cui inadeguatezze sembrano condannare la nazione al disordine, al declino, all’umiliazione – ed un mondo politico autobloccatosi in un vicolo cieco.

Meno male che non stiamo parlando del 2012…

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(Fonte, tradotta da faschistensindimmerdieanderen: Robert O. Paxton, The Five Stages of Fascism, The Journal of Modern History, Vol. 70, No. 1. (Mar., 1998), pp. 1-23, The University of Chicago Press: http://w3.salemstate.edu/~cmauriello/pdfEuropean/Paxton_Five%20Stages%20of%20Fascism.pdf = http://links.jstor.org/sici?sici=0022-2801%28199803%2970%3A1%3C1%3ATFSOF%3E2.0.CO%3B2-3)

Zwei Denkschulen und ein Lehrer

Seit den Achtzigern und in den Neunziger Jahren nimmt einerseits sowohl die Skepsis gegenüber allumfassenden Faschismustheorien zu, als auch die Erforschung vieler zuvor ignorierter Gesichtspunkte des Lebens in der Zwischenkriegszeit; andererseits intensiviert man aber auch die fokussierte Suche nach dem „Wesentlichen“ des Faschismus, nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner solcher Bewegungen und Regime, nach dem „faschistischen Minimum“, womöglich in einen einzigen Satz komprimiert. Viele solcher „essentialistischen“ Definitionsversuche wurden in den vergangenen zwanzig Jahren formuliert.

Vieldeutig, aber unbestimmt, überpolitisiert und zweckentfremdet – für nüchterne Forschungszwecke, disziplinierten Erkenntnisgewinn oder einen großen Theorieentwurf taugen so umstrittene Vokabeln wie „Faschismus“, „Faschist“ und „faschistisch“ weniger als für politische Polemik, für die Abwertung und die Verächtlichmachung welchen Gegners auch immer.

Dieser Ansicht ist jedenfalls die eine Denkschule, die vor allem aus Historikern besteht und die induktive Methode vorzieht: man beschreibt die Zwischenkriegszeit differenziert und lässt sich nur insofern auf einen verallgemeinernden Faschismusbegriff ein, als man bei einigen Bewegungen und Regimen überdurchschnittlich oft bestimmte Ähnlichkeiten feststellt.

Die andere Denkschule legt eher politikwissenschaftlichen Ehrgeiz an den Tag und geht eher deduktiv vor: man konzentriert sich auf das Ideologische, versucht dessen Wesenskern idealtypisch herauszuschälen und darauf eine Theorie aufzubauen, die nicht nur der Vergangenheits-, sondern auch der Zukunftsbewältigung dienen soll.

Wir habe das hier stark vereinfacht. Natürlich gibt es Bemühungen, einen Mittelweg zwischen diesen beiden Argumentationsweisen zu finden. An einem breiten Mittelweg hat der amerikanische Historiker und Hispanist Stanley Payne gearbeitet. Er gibt beiden Seiten Recht – aber beiden nur zum Teil:

Einerseits sei es nützlich zu vergleichen, was Italien, Deutschland, Spanien, Rumänien, Ungarn und andere in der Zwischenkriegszeit an Ähnlichem hervorgebracht hätten; denn da sei keineswegs nur Unwiederholbares geschehen; ein Oberbegriff wie generic fascism sei also durchaus von Nutzen und lehrreich auch für die Zukunft. räumt Payne ein (auch um den Faschismus von anderen autoritären Nationalismen zu unterscheiden).

Andererseits warnt Payne davor, alle Faschismen gleichsam in den gleichen Topf zu werfen, und vor allem dagegen, diesen Topf dann so absolut zu setzen, als handle es sich um etwas Einzigartiges.

Stanley Payne hat 19 Bücher über Faschismus geschrieben (die meisten über die spanische Variante). Er hat auch die meistzitierte typologische Beschreibung des Faschismus formuliert. Und schließlich hat er wie viele andere, den Versuch gewagt, das Wort „Faschismus“ in einen Satz zu fassen. Seiner ist für mich einer der geglücktesten:

A form of revolutionary ultra-nationalism for national rebirth that is based on a primarily vitalist philosophy, is structured on extreme elitism, mass mobilization, and the Führerprinzip, positively values violence as end as well as means and tends to normatize war and/or the military values.

DE: Eine Form des revolutionären Ultranationalismus für eine nationale Wiedergeburt auf folgenden Grundlagen: vorwiegend vitalistische Philosophie, extremes Elitedenken, Massenmobilisierung, Führerprinzip, positive Bewertung von Gewalt (als Mittel und als Zweck) und die Neigung, Krieg und/oder militärische Tugenden zur Norm zu erheben.

IT: Una forma di ultranazionalismo rivoluzionario per una rinascita nazionale, basata su una filosofia soprattutto vitalista, strutturata secondo un elitarismo estremo, la mobilitazione di massa ed il leaderismo, valutando positivamente la violenza sia come mezzo che come fine, e che tende ad elevare a norma la guerra e/o le virtù militari.

(Quelle: Stanley Payne: A History of Fascism 1914-45, UCL Press, Taylor & Francis, London, 1995;  dt.:Geschichte des Faschismus, Aufstieg und Fall einer europäischen Bewegung, Ullstein, Propyläen 2001, Lizenzausgabe für tosa im Verlag Ueberreuter, Wien 2006, N.B. Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche und Italienische durch faschistensindimmerdieanderen)

Neuer Mensch + Pan-Nationalismus + Dritter Weg

Einer der im englischen Sprachraum meistbeachteten Autoren der vergleichenden Faschismusgeschichte und -theorie ist seit vielen Jahren der Brite Roger Eatwell, Professor für Vergleichende Europäische Politik an der Universität Bath, ferner unter anderem Mitherausgeber der Serie „Extremism and Democracy“ im Routledge Verlag.

Sein meistzitiertes Buch ist Fascism: a History, Vintage, New York, 1995. Er hat aber schon 1992 über einen „generischen Faschismusbegriff“ geschrieben (Towards a New Model of Generic Fascism, Journal of Theoretical Politics, vol. 4 no.2, 1992: pp.161-94) unddessen Weiterentwicklung auch in den letzten Jahren immer wieder kritisch begleitet und vertieft, z.B. in The Nature of Generic Fascism: the „fascist minimum“ and the „fascist matrix“ pp.134-161 in „Comparative Fascist Studies: New Perspectives“, ed. C.Iordachi. Routledge: Abingdon 2009; sowie in Ideology, Propaganda, Violence and the Rise ofFascism pp.165-85 in „Rethinking the Nature of Fascism“, ed. A.Costa Pinto. Basingstoke: Palgrave 2011.

Noch aktueller kann man Eatwells nüchterne Analysen nachlesen in zwei Sammelbänden der Oxford Universität Oxford, der eine über Ideologien, der andere über Faschismus. Sie werden erst 2013 erscheinen, aber Eatwells Beiträge „Fascism“ sowie „Fascism and Racism“ sind schon jetzt auf einer Internetseite der Universität Bath zu finden, so wie manches andere von ihm. Wir wollen hier einiges davon zitieren und z.T. auf deutsch zusammenfassen: Zunächst aus „Fascism„:

Unter allen Ideologien sei Faschismus jene, die am schwersten zu definieren ist. Aber:

Identifying a specific ideological tradition does not necessarily mean playing down differences, which exist in all the main ideologies and their concrete representations.

Da die faschistische Ideologie recht unterschiedliche Formen annimmt, stellt man sie laut Eatwell besser in Form einer Matrix dar als idealtypisch, mit folgendern drei Grundthemen:

At the heart of fascist ideology lay three, partly overlapping, core themes:

1) the ’new man‘

2) its holistic nationalism (which lies at the heart of debates about whether it is possible to discern a generic fascism which includes both Fascism and the virulently racist Nazism)…

3) the quest for a new Third Way

Glaube versetzt Berge, und je umfassender dieser Glaube, desto überwindbarer die Berge – darin sieht faschistische Gläubigkeit ihre Stärke, und deshalb äußert sie sich unterschiedlich, neigt zu Eklektizismus und Synkretismus, mit unbändigem Ehrgeiz zu entschlossener Synthese.

Fascist ideology was mercurial, seeking a broad set of syntheses around its core themes…

‚From beneath the ruins of liberal, socialist and democratic doctrines, Fascism extracts those elements which are still vital…creates a new synthesis‚ (Mussolini 1935)

Entsprechend vielfältig sind die geistigen Ahnen und Strömungen, auf die sich faschistische Ideologie in ihren unterschiedlichen Ausformungen berufen zu können glaubt. Die Rede ist von Verbindungslinien zu Plato, Rousseau, der französischen Revolution, der europäischen Aufklärung, der deutschen Romantik, der shintoistischen Ethik, Herder, Nietzsche, De Maistre, Sorel, Maurras, Valois, Barrès, Le Bon, Michels, Pareto, G.Gentile, Spengler, Tönnies, Papino, Corradini u.a.

Nach den Ursprüngen der faschistischen Ideologie begibt sich Eatwell auf die Suche nach ihrem Kern. Ihn in „einer palingenetischen Form eines populistischen Ultranationalismus“ zu sehen, als revolutionäre bis Form einer alternativen Modernität, mit dem Ziel einer nationalen Wiedergeburt aus der Dekadenz heraus, als ein politischer Religionsersatz, solche Theorien, wie sie vor allem von Roger Griffin im Gefolge von George Mosse und Emilio Gentile vertieft werden, sind für Eatwell nicht ausreichend, um den Faschismus als Oberbegriff sowohl für die italienische als auch die deutsche und andere (rumänische, ungarische usw.) Varianten zu erklären. Die These vom Faschismus als „politischer Religion“ liquidiert Eatwell u.a. mit dem Hinweis auf das große Entgegenkommen Mussolinis gegenüber der Katholischen Kirche:

There was no major attempt to supplant the Catholic Church.

Wenn es einen Kern des Faschismus gibt, dann ist er für Eatwell nicht einfach idealtypisch zu definieren bzw. zu erklären, sondern nur mit der Fähigkeit zur mannigfachen, breit und bunt schillernden Synthese der drei obgenannten großen Themenstränge: „Neuer Mensch“ bzw. Neuer Mann, ganzheitlicher Pan-Nationalismus, sowie Dritter Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus.

Hier einige von Eatwells Argumenten gegen Definitionen des Faschismus, die ihm zu eng erscheinen, z.B. wenn sie wirtschaftliche, soziale, sozialpsychologische und geopolitische Gesichtspunkte und Gemeinsamkeiten kaum berücksichtigen bzw. da zu wenig differenzieren:

Whilst the broad approach is important to understanding both fascism’s belief in the power of propaganda and its more fanatical side, it needs to be supplemented by a focus on the fact that people supported fascism for many reasons, including economic ones.

Ad 1: The ‚New Man‘

Fascism was an ideology which sought to appeal to different sides of ‚man’…In his syncretic vein, Mussolini claimed that ‚Man is integral, he is political, he is economic, he is saint, he is warrior‘. (1935)…The term ‚new man‚ is particularly appropriate in the sense that fascism was a male-dominant ethic.

A leading Fascist philosopher, Giovanni Gentile wrote that the success of the Risorgimento did not depend on ‚the Italian people‘, but rather on ‚an idea become a person‚, on ‚several determined wills which were fixed on determined goals‚.

An important strand in fascist thinking about the new man concerned violence. Violence was seen as a central act of bonding in paramilitary groups. The violence of both early Nazism and Fascism, in turn, provided these movements with a litany of martyrs who were celebrated to inspire others to reject the comfortable bourgeois life.

Ad 2: Holistic Nationalism

Nation was at the heart of fascist thinking, but there were differences about how the nation was conceived. A common distinction is to contrast the cultural nationalism of Fascism with Nazism’s biological racism….However,…among the leading Nazis, biological racism was far from universal.

There was also a strong conservative wing of Fascists who celebrated a mystical relationship between the people and the land on which it lived (Strapaese), though this could also echo Nazi blood and soil (Blut und Boden) views.

…even before 1914 Mussolini had been concerned about Jewish power. This fear was heightened following the imposition of sanctions after the Abyssinian invasion by his belief that world Jewry was at the heart of ‚anti-fascism‘, consipiring against Italy as well as Germany. More generally, whilst Mussolini rejected the existence of biologically pure races, he wrote in the preamble to the 1921 Fascist Programme that ‚The nation is…the supreme synthesis of all the material and immaterial valies of the racial stock.

Mussolini wrote in the introduction to a German book on race published in the 1930s: ‚the whole White race, the Western race, can be submerged by other coloured races which are multiplying at a rate unkown in our race‘.

There were strong parallels between the geopolitical view that Italy had a right to find living space (spazio vitale) and the Nazi quest for Lebensraum.

The Italian conquest of Libya and Ethiopia was undertaken with great brutality at a time of growing liberal international norms…

Ad 3: The Third Way

Economic policy rarely features prominently in anlyses of fascism. Typically, only broad features like its autarchy and statism, or the contradictions between its modernist side and the back-to-the-land views…are stressed. However, whilst fascists rejected the materialism of liberalism and Matxism, economic prosperity was important both in terms of securing popular support and underpinning great power status.

the Strength through Joy (Kraft durch Freude) organization…was modelled on the Italian Dopolavoro.

The desire to create a new form of welfare as well as warfare state was central to much fascist thinking.

Wie wenige andere kombiniert Robert Eatwell einen weiten Überblick über die unterschiedlichen Spielarten des Faschismus in Europa mit tief schürfender analytischer Passion und Lesbarkeit. Wir werden hier mindestens noch einmal ausgiebig auf ihn zurückkommen.

(Quelle: http://people.bath.ac.uk/mlsr/FascismOxfordHandbookofIdeologies.htm = das Kapitel Fascism von Roger Griffin im für 2013 angekündigten The Oxford Handbook of Ideologies, ed. M.Freeden, Oxford University Press) 

Encyclopedia Britannica non perdona: paragona

Le caratteristiche comuni ai diversi tipi di fascismo, e pure le differenze, sono trattate con molta più attenzione dall‘Encyclopedia Britannica che non dall’Enciclopedia Treccani e dalla Brockhaus Enzyklopädie:

Mentre la Treccani ed il Brockhaus sembrano rinunciare quasi del tutto all’approccio comparativo, la Britannica lo approfondisce: sotto la voce „fascism“ ed il sottotitolo „common characteristics of fascist movements“ la BE individua tante idee e caratteristiche comuni ai vari tipi di fascismo (italiano, tedesco, rumeno, ungherese, giapponese, sudamericano, sudafricano ecc.) a partire dal:

nazionalismo estremo di stampo militarista, disprezzo per le democrazia elettive ed il liberalismo politico e culturale, l‘ idea che esista una naturale gerarchia sociale e d‘elite, l’ambizione di creare una compatta comunità nazionale nella quale gli interessi individuali siano subordinati al bene comune, rappresentato e tutelato da uno Stato autoritario.

Vale la pena enumerare le seguenti parole-chiave alle quali l‘Encyclopedia Britannica dedica altrettanti paragrafi nella sua analisi di quelle che secondo lei sono le caratteristiche comuni dei vari movimenti fascisti:

* opposizione al marxismo

* opposizione alla democrazia parlamentare

* opposizione al liberalismo politico e culturale

* ambizioni totalitarie

* programmi economici conservatori

* corporativismo

* interclassismo

* imperialismo

* valori militari

* idea di una compatta comunità nazionalpopolare („Volksgemeinschaft„)

* mobilizzazione di massa,

* leaderismo, („leadership priciple„)

* idea dell’uomo nuovo

* glorificazione della gioventù

* idea di educare e forgiare il carattere

* decadenza e spiritualità

* violenza

* nazionalismo estremo

* ricerca di un capro espiatorio(„scapegoating„)

* populismo

* immagine rivoluzionaria

* antiurbanismo

* maschilismo e misoginia

Si nota che il razzismo l’antisemitismo NON figurano in questo elenco, stilato dall‘Encyclopedia Britannica (nella corrente edizione online di quest’estate 2012), delle caratteristiche comuni più importanti del fascismo italiano e del nazismo tedesco. Non è un particolare di poco conto. Riguarda l’Olocausto.

Questa è un‘ osservazione non solo doverosa ma essenziale.

Essa non ci esime comunque dal notare quanto sia lunghissima la lista dei fattori in comune a quelle due dittature ultranazionaliste fallite così miseramente – e quanto la vigilanza e la prevenzione di simili megalomanie politiche e culti della violenza siano attuale anche nel Ventunesimo Secolo, in tanti paesi – non ultimi i nostri.

(Fonte: http://www.britannica.com/EBchecked/topic/202210/fascism/219363/Common-characteristics-of-fascist-movements)