Faschisten sind immer die anderen

comparative fascist studies on Italy and Germany

Literaturhinweis auf Sammelbände

Die folgenden fünf Sammelbände, die alle in den letzten zehn Jahren erschienen sind, vermitteln vielfältige Ein- und Überblicke sowie erschöpfende Literaturhinweise zur vergleichenden englischsprachigen Faschismusforschung:

  • Iordachi, Constantin(ed.): Comparative Fascist Studies. New Perspectives, Routledge,  Abingdon 2010:  Dieser aktuellste Sammelband zum Thema enthält nach einer umfassenden Einführung des Herausgebers 14 der wichtigsten Texte zur vergleichenden Faschismusforschung, einschließlich Kurzporträts der Autoren: Z.Sternhell, G.Mosse, St.Payne, R.Griffin, R. Eatwell, R.Paxton, M.Mann, A.Kallis, I.Kershaw, E.Gentile und R. Steigmann-Gall  
  • Kallis, Aristotle (ed.): The Fascism Reader (Routledge Readers in History Series), Taylor & Francis, London/New York 2003: ein in acht Themenkreise gegliedertes Lesebuch mit insgesamt 48 Beiträgen namhafter Faschismushistoriker und -theoretiker, von Gilbert Allardyce über   „Generic fascism – an ‚illusion‘? bis Adrian Lyttelton über ‚The March on Rome‘ – fascist triumph or capitulation of the liberal system?“ 
  • Bosworth, Richard J. (ed.): The Oxford Handbook of Fascism, Oxford University Press, Oxford 2009: hier beschäftigen sich zwei Dutzend Autoren vor allem mit dem italienischen Faschismus und seiner ideologischen Vorgeschichte, aber auch mit Vergleichsmöglichkeiten (ohne dem deutschen Nationalsoziasmus viel Platz einzuräumen) und mit weiteren zehn Ländern, wo der Faschismus nur vorübergehend oder gar nicht an die Macht kam.  
  • Campi, Alessandro (a cura di): Che cos’è il fascismo? Interpretazioni e prospettive di ricerca, ed. Ideazione, Rom 2003: Endlich auch auf italienisch: ein Sammelband, der die in der englischsprachigen Welt kursierenden Faschismustheorien von Autoren wie Griffin, Larsen, Paxton, Eatwell, Gregor, Costa Pinto und anderen verdienstvollerweise auch einmal der italienischsprachigen Öffentlichkeit zur Kenntnis bringt.
  • Lob, Werner (Schrftltg.): Erwägen Wissen Ethik (EWE). Jg.15/2004, Heft 3, Lucius & Lucius Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2004:  Dieses anspruchsvolle „Streitforum für Erwägungskultur“ ist besonders den Freunden von offenen bis hitzigen Grundsatz- und Fachdiskussionen zu empfehlen: 23 Wissenschaftler setzen sich auf Deutsch und Englisch mit Roger Griffins Hauptartikel zum aktuellen Kern des „generischen Faschismus“ und dann wieder mit seiner Replik auseinander, bevor er noch einmal zu Wort kommt und seine Position korrigiert.  

Kein Zugang ist „falsch“ (außer der faschistische)

Skeptisch gegenüber „großen“ politikwissenschaftlichen Theorien von einem generic fascism, für die das Ideologische konstituierend ist, bleiben viele, die soliden geschichtswissenschaftlichen Untersuchungen aller Aspekte der real existierenden Faschismen der Zwischenkriegszeit mehr Aussagekraft beimessen.

Hier bestätigt sich, wie gegensätzlich die Sichtweisen der Geschichts- und der Politikwissenschaft anmuten können (zusätzlich befruchtet von Anthropologen, Soziologen, Psychologen und anderen). Dabei sind sie nur unterschiedlich, durchaus miteinander zu versöhnen, und zwar Erkenntnisgewinn bringend für alle. In dieser Richtung ermutigen uns unter anderen Robert O.Paxton, Zeev Sternhell und Constantin Iordachi zu unserer vereinfachenden, vorläufigen Schlussfolgerung:

Wenn man schon über zwei unterschiedliche methodische Zugänge zum Faschismus verfügt, einen auf dem Weg über die faschistische Ideologie und einen anderen über die faschistische Wirklichkeit, dann kann man vielleicht aus der Not eine Tugend machen, z.B. indem man den Untersuchungsgegenstand zweiteilt in den einen, den ideologischen Faschismus, und den anderen, den real existierenden Faschismus. Möglicherweise entwickelt sich dann mehr konstruktiver Erkenntnisfortschritt, und vielleicht sogar wirklich ein -beschränkter- „neuer Konsens“ zwischen beiden Denkschulen und Disziplinen, der „generischen“ und der „historischen“.  

No final solution, not even to the fascist question

This blogger is now even more convinced then at the start of this half a year ago, that a text-only but trilingual weblog, offering insight and examples on a subject as intricate as comparative fascist studies by English speaking scholars, can be an innovative original and useful additional instrument to exercises in intercultural and multiperspectival history teaching and civic education.

This blog does not claim to cast a new light on this subject. It is about time to confirm this quite frankly, after more than a hundred posts on it. Together they form nothing more than an eclectic syncretic and synthetic collection of necessarily incomplete and imperfect flashlights on comparative Anglophone fascist studies for educational purposes.

There is of course, a very broad,  very general consensus to be registered

– on the „Italianity“ of the first fascism that came to power,

– on Nazism being the most murderous relative of it,

and on some features which all fascisms had in common, e.g.

– revolutionary ultranationalism,

– religion-like style symbolism and „believers“ activism,

– fervent anti-individualism and anti-Marxism,

– autocratic leadership and authoritarian centralist regimentation,

– „cathartic“ cult of brutal repression violence war and expansion,

– state-of-the-art propagandistic and psychological domination

etc.

But the author would not go much further, as far as Anglophone scholar’s consensus is concerned. Each time he met yet another fresh perspective opened by altogether two dozen Anglophone scholars, his natural reaction was: this one is at least as „essential“ as the one before. Almost all of them convinced him in their own way. But this blogger really can detect no real specific big consensus on the most intricate questions raised by extremely contested phenomena such as fascism.

If there is a conclusion he is drawing from compiling this collection, after the relevant reading and interviewing, it is this: not many really incompatible views, but no all-encompassing conclusion either, here and now. So, no „final solution“ of the „fascist question“.

Why all this wealth of lively pluralism in Anglophone fascist studies should seem deplorable to some, escapes the author’s attention. In his view, this is -and has to stay- an open-end debate. Incidentally, that is precisely the reason why he holds a blog to be a logical and original way to go about it, serving the above-mentioned horizon-widening cause.

Gedankenanstöße von E.H.Carr und Richard J. Evans

Hier eine Reihe von Zitaten von Historikern für Historiker und andere Interessierte, mit denen Sir Richard Evans 2001 in die Neuauflage von E.H. Carrs mehr als 50 Jahre alten Longseller What is History? und in dessen erstaunlich nachhaltige Aktualität und Brillanz eingeführt hat:

Objective history does not exist.

Man kann sagen: objektive Wahrheit existiert. Aber kein Historiker kann hoffen, mehr von ihr zu erhaschen als nur eine blasse Teil-Annäherung an sie

The specific function of the historian, qua historian, is not to judge but to explain.

Die besondere Aufgabe des Historikers als Historiker besteht nicht im Urteilen, sondern im Erklären.

balancing uneasy on the razor edge between the hazards of objective determinism and the bottomless pit of subjective relativity…

Zeitgenössische Geschichtsphilosophie ist mehr ein Fragesteller als ein Antwortgeber.

History is a process, and you cannot isolate a bit of process and study it on its own (…) everything is completely interconnected (…) The job of historians is to study whatever part of the the past they chose to examine in the context of both what came before and after it, and the interconnection between their subject and its wider context.

Geschichteist ein Prozess, in dem man nichts isoliert sehen kann; alles ist vollkommen verwoben. Die Aufgabe des Historikers besteht darin, diese Verflechtungen an seinem Gegenstand zu untersuchen und in ihren größeren Zusammenhang zu stellen.

The question might be decided differently at different times in the future by different sets of judges with different questions to ask and different ends to serve.

Die Frage kann von anderen, zu anderen Zeiten, mit anderen Zielen, anders gestellt und beantwortet werden.

While history never repeats itself, it presents certain regularities, and permitscertain generalizations, which can serve as a guide for future action.

Wenn Geschichte sich niemals wiederholt, so weist sie doch gewisse Regelmäßigkeiten auf, und erlaubt gewisse Verallgemeinerungen, die als Leitlinie für künftiges Handeln dienen können.

To insist on the inevitability of what had happened in the past…was to resign moral responsability for our own actions in the present.

Auf der Unvermeidlichkeit des Vergangenen beharren wäre gleichbedeutend mit der Aufgabe unserer moralischen Verantwortung für unser gegenwärtiges Handeln.

Certainly, historians will write better history if they are self-conscious about their political and intellectual starting point (…), recognizing nature and extent of one’s own prejudices.

Gewisswerden Historiker besser, wenn sie sich ihrer politischen und geistigen Ausgangspunktes bewusst sein, wenn sie sich der Natur und des Ausmaßes ihrer eigenen Vor-Urteile bewusst sind.

Il fascismo in cinque parole-chiave

Fascism is the pursuit of a transcendent and cleansing nation-statism through paramilitarism.

Il fascismo è la ricerca di un nazional-statalismo trascendente e „ripulitore“ attraverso il paramilitarismo. Questa è la definizione più concisa del fascismo che abbiamo incontrato, ma anche una delle più dense ed attuali, se andiamo andare a vedere come l’autore, il famoso sociologo Michael Mann dell’UCLA di Los Angeles, spiega le cinque parole-chiave che ha usato in quella frase.

1) Nazionalismo: impegno estremo, profondo, populista, organico, integrale, e per questo „molto poco tollerante“ verso la diversità etnica o culturale, con un fortissimo senso di presunte minaccie mortali da parte di „nemici“ interni ed esterni, spesso di „razza“ diversa, dai quali la Nazione deve difendersi con estrema aggressività: mors tua, vita mea.

2) Statalismo: venerazione dello Stato, che deve impersonare una volontà ed un’autorità responsabile di tutto e di tutti, in una elite di partito total(itaria)mente dedita al principio di leadership, ed all’obiettivo di trasformazione radicale della Nazione e del mondo, soprattutto nella fase di ascesa al potere.

3) Trascendenza: l’aspirazione non ad un compromesso tra capitalismo e socialismo (ad una terza via, come sostiene Roger Eatwell), ma adandare molto oltre, con l’ambizione addirittura di creare un „uomo nuovo„. Questo è la più problematica e variabile tra le cinque parola-chiave, perché di fatto mai realizzata: questo soprattutto perché anche nei fascismi, una volta al potere, aumenta la tensione tra radicali combattenti movimentisti da una parte, e dall’altra realisti machiavellici opportunisti, più inclini a rapportarsi con le elites tradizionali.

4) Pulizia: percezione (e rappresentazione) degli avversari come „nemici“ da rimuovere, per „ripulire“ la nazione „infetta“. Questa è il culto dell’azione, dell’aggressività fascista. Quasi tutti i i fascismi, chi più (nazismo tedesco) chi meno (fascismo italiano) tendono ad andare oltre la „pulizia politica interna“, allargando le loro incursioni di „pulizia“ anche all’estero ed ad altri popoli, considerati „inferiori“, fino ad arrivare alla „pulizia etnica“ estrema (su questo fenomeno, Michael Mann è forse l’esperto di più ampio respiro mondiale, con la sua recente opera monumentale: The Dark Side of Democracy: Explaining Ethnic Cleansing). Dove prevale la pulizia etnica, sia verso l’estero che all’interno, essa tende ad essere ancor più radicale della pulizia politica: questo perché l’avversario politico della stessa etnia in teoria può essere recuperabile; l’altro invece secondo i nazifascisti è il „diverso“ per sempre, per natura, per nascita, etnia o „razza“, una specie a parte, minacciosa e pericolosa, ossia da combattere, liquidare, sopprimere.

5) Paramilitarismo: È un termine-chiave per capire sia i valori che l’organizzazione fascista. Il paramilitarismo è visto come „popolare“, „spontaneo“, vissuto „dal basso“(è questa la „qualità che distingue il fascismo da tanti altri tipi di dittatura), ma allo stesso tempo con una missione da elite, da avanguardia della Nazione. Il mito del cameratismo tra „duri e puri“, legittimati alla violenza anche illegale, forgiato in battaglia, è uno dei tratti definitori del fascismo. e della sua ambizione di forgiare un uomo nuovo fascista, una nuova elite di gerarchi, che vada molto oltre un semplice partito, ma dovrà creare e dominare uno stato autoritario ed una nazione organica, un’ordine nuovo. Mann osserva: „Il fascismo italiano fu per molti anni un’organizzazione esclusivamente paramilitare. Il fascismo si manifesta sempre in uniforme, in marce, pericoloso, armato, destabilizzatore. Il fascismo dice sempre di difendersi, ma sempre „da vincitore“. Ma la violenza paramilitare dei fascisti non è fine a se stessa, e neanche solo per intimidire ma anche per impressionare favorevolmente sia il popolo che le elites, a rafforzare continuamente la propria immagine e posizione di potere che ha anche l’ambizione di vincere le elezioni. Difatti…

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(Fonte: Michael Mann, Fascists, Cambridge University Press, 2004)

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Eigene „Schlüsselwortwahl“ zum Gattungsbegriff Faschismus

Aus unterschiedlichen anglophonen Faschismusdefinitions- und Erklärungsversuchen nun stichwortartig einen relativ breiten Konsens über einige deutsch-italienische Gemeinsamkeiten herausdestillieren zu wollen, erscheint  fast unmöglich. Trotzdem fühlt sich der Unterfertigte bemüßigt, hier nun auch selbst eine persönliche Auswahl von Schlüsselworten (eine von vielen möglichen) offenzulegen, die er mit dem Begriff „Faschismus“ assoziiert. Dass auch er sich dieser Übung unterziehen wollte, rechtfertigt er einerseits unter seinem Hauptgesichtspunkt der politischen Bildung und andererseits unter dem Aspekt der persönlichen Transparenz. Hier also, aus der bescheidenen persönlichen Warte und Formulierung des Unterfertigten, die Stichworte, die er zum Zeitpunkt des Schreibens wählen würde, um gerade aus unserem historisch belasteten Grenzgebiet heraus zu Seitenblicken über die eigenen Provinzgrenzen hinaus anzuregen. Seitenblicke auf heutige und künftige Risiko- und Präventionspotentiale rund um den Faschismus als grenz- und epochenüberschreitendes Phänomen:

Mehrfachkrise als Entstehungsbedingung

(in den beiden „spätgeborenen“ und „weltkriegsverletzten“ Staaten Italien und Deutschland besonders virulent):

  • Identitäts- und Wertekrise

  • Parlamentarismuskrise

  • Weltwirtschaftskrise

Endkampfstimmung  als Weltanschauung

  • Umstürzlerischer Ultranationalismus

  • Heilserwartung an einen unanfechtbaren Führer

  • Anti-Pluralismus und Anti-Liberalismus

  • Anti-Egalitarismus und Anti-Marxismus

  • Mythos der homogenen Gemeinschaft (national, „rassisch“, kulturell)

  • Angst vor tödlicher Bedrohung des eigenen „Volkskörpers“ durch „Infizierung“

  • Glaube an einen schicksalhaften, sozialdarwinistischen „Endkampf“ der Völker ums Überleben:

  • Verherrlichung von Wehr- und Mannhaftigkeit, Gewaltanwendung, Expansion und Krieg

  • Glaube an kollektive Erneuerung und erlösende Wiedergeburt

Massenmobilisierung als Wunderwaffe

  • Führerprinzip: alles muss schnell und entschlossen von oben nach unten entschieden werden

  • Massenmobilisierung und Gleichschaltung mit modernsten Medien

  • (Para-)militärische Organisation

  • (Pseudo-)religiöse Stilelemente

  • „Gesundes“ „ohne Rücksicht auf Verluste“ gegen „Artfremdes“ bzw. „Entartetes“

  • Brutale Repression jeder Opposition oder Abweichung

  • Kriegerische Expansion und Imperialismusm

  • Fokussierung auf Feindbilder und Sündenböcke

Müsste das Destillat noch konzentrierter und auf noch weniger und nüchternere Worte reduziert sowiegereiht werden, so würde der Unterfertigte nach dem Studium englischsprachiger Faschismusforschung die Gemeinsamkeiten „unserer beiden Faschismen“ am ehesten an Hand der folgenden zehn Schlüsselbegriffe zu erläutern versuchen:

  1. Mehrfachkrise

  2. Umwälzung

  3. Volksgemeinschaft

  4. Führerglaube

  5. Massenmobilisierung

  6. Endkampfstimmung

  7. Exklusion

  8. Anti-Egalitarismus

  9. Expansion

  10. „Killerinstinkt“

Dies, wie angedeutet, nur als „handliches“, eigenes Beispiel für einige von vielen möglichen Ausgangspunkten für Diskussionen. Weiter möchte der Unterfertigte im Rahmen seiner „politischen Bildungs-Fragestellung“ vorerst nicht gehen. Zu zahlreich, zu vielschichtig, zu unterschiedlich, und gleichzeitig jeweils in Teilen zu überzeugend, erscheinen ihm die Thesen, Theorien und Definitionsversuche der vergleichenden „generischen“ Faschismusforschung in englischer Sprache, mit denen er in sieben Monaten konfrontiert wurde, um es zu wagen, ihnen weiter gehende eigene Thesen oder Theorien hinzuzufügen, etwa gar „aus einem Guss“ und von aller Welt zu teilen. So etwas kann es aus meiner bescheidenen Sicht zu einem derart komplexen Phänomen und Begriff wie Faschismus genausowenig geben wie zu Begriffen wie Totalitarismus, Nationalismus, Moderne oder „politische Religion“. Wenn der Unterfertigte aus der intensiven Beschäftigung mit seinem Untersuchungsgegenstand etwas gelernt hat, so dieses. 

2-3 Dinge, die Cambridge für mich zur Nr.1 machen

Die Bibliothek z.B. des Wolfson College ist 364 Tage jeweils 24 Stunden geöffnet. Wie allen Guest Fellows, so war auch mir geraten worden, über das eigene spezifische Forschungsvorhaben hinaus das College- und Universitätsangebot, das für eine Hochschule, die weniger als 20.000 Studierende aufnimmt, unnachahmlich hochwertig und breit erscheint, so intensiv wie möglich zu nutzen.

Ich habe diesen Rat weidlich befolgt. Fast jede der insgesamt mindestens zwei Dutzend Vorlesungen, Seminare, Konferenzen und Debatten, die ich besucht habe (von einigen davon habe ich in meinem Blog berichtet) waren für meine kontinentaleuropäischen Begriffe erstklassig: inhaltlich erhellend, didaktisch vorbildlich. Am College waren das unter anderem Veranstaltungen der Humanities Society, der Science Society und mehrere Lunchtime Lectures sowie Treffen der Chinese Classics Society. Ich wurde auch Mitglied des College-Chors; dieser trat heuer nicht nur bei der College Garden Party und dem traditionellen Wolfson June Event auf, sondern auch beim feierlichen traditionellen Universitätsgottesdienst in der Kirche Great St. Mary’s.

Meine Gastgeber hatten mir auch geraten, vor allem die informellen Begegnungen, nicht zuletzt beim gemeinsamen Essen, für den interfakultären Austausch mit anderen researchern jeden Altersundaller Herren Länder zu nutzen. Dieses enorm anregende nationen- und fächerübergreifende „Treibhausklima“ macht meiner Meinung nach, zusammen mit der intensiven Eins-zu-eins-Betreuung der Studierenden, die vielbeschworene Qualität von Cambridge aus.

Zunächst ist man skeptisch und etwas schüchtern, wenn man z.B. als Geistes- oder Sozialwissenschaftler bei Tisch einem Computerwissenschaftler, einen Kosmologen, einen Mathematiker und anderen, namhaften bis nobelpreisverdächtigen Professoren, Fellows oder Doktoranden gegenübersitzt.

Aber dann kam ich täglich, bei ausnahmslos jedem Essen (dessen Qualität ich dabei meist vergaß) zwanglos und locker mit immer neuen Menschen ins Gespräch, die einem ihr ganz spezielles Forschungsgebiet und was dahintersteckt, bestechend klar, kreativ und kurzweilig nahebringen können, die aber auch beim Dialog zu ganz anderen, auch gesamtgesellschaftlichen Fragen eine immer wieder überraschende Bandbreite, Tiefe und Originalität an den Tag legen, fast immer mit ortstypischem understatement, oft mit self-deprecating humour. Sicher gibt es selbst in Cambridge irgendwo so etwas wie „Fachidioten“. Wahrscheinlich war ich nur nicht lange genug da, um einen davon kennenzulernen. Am Wolfson College jedenfalls habe ich keinen einzigen mit so engem Horizont kennengelernt, dass man nur über (s)ein Thema mit ihm reden kann.

Wer das erfahren hat und zu schätzen weiß, versteht: ohne intellektuelles Vergnügen auf diesem Niveau, über Fakultäten und Nationen hinweg, wird Forschung nie so produktiv sein wie sie hier (und angeblich nur an sehr wenigen anderen Orten der Welt) meistens zu sein scheint.   

Paragone non unilaterale, ma irrinunciabile

Lo storico britannico di orientamento marxista (non ortodosso) più citato per quanto riguarda la visuale comparativa fascismo- nazismo, è Tim Mason. Lo è soprattutto con il suo articolo Whatever happened to „Fascism“? (in: Radical History Review 49/1991, pag.89-98). Da notare che Mason, che ha vissuto gli ultimi anni della sua breve vita in Italia, ha pubblicato libri ed saggi ancor più in tedesco che in inglese. Il più comparativo è Massenwiderstand ohne Organisation, Streiks im faschistischen Italien und NS-Deutschland, in: Gewerkschaftliche Monatshefte Band 32, 1984);ed ha scritto pure in italiano, per esempio Il nazismo come professione (in: Rinascita vol. 18, 18.5.1985, pag.18-19).

L’articolo in inglese menzionato per primo è un appello appassionato e provocatorio, a resuscitare l’interesse, comparativo e vigile, per la storia e la fenomenologia fascista in generale, invece di focalizzare tutta l’attenzione sulle efferatezze naziste, razziste e genocidali. Traduciamo da quel testo dal titolo ad effetto, „Ma dov’è finito il „Fascismo?“ Termine quasi sparito dalla ricerca storica negli anni Ottanta, „dominata“ dal nazismo, si rammarica Mason)

The most extreme pecularities of German Nazism have thus slowly and silently come to dominate our moral, political and professional concerns. When referred to at all, (…) ‚Fascism‘ seemed to have become old hat.

Considerando „fuori moda“ parlare di fascismo in generale, concentrandosi solamente sull’assoluta „straordiarietà“ dell’efferatezza nazista razzista genocidale, secondo Tim Mason comporta il rischio di chiamarsi fuori dalle più fondamentali questioni morali e politiche che quel dato periodo storico solleva. „Sbattuto il mostro in prima pagina“, si dimentica il dovere dello storico, come lo interpreta Mason: quello di trarre delle conclusioni più profonde, meglio se utili ad affrontare anche il presente ed il futuro; e questo riesce solamente considerando un dato periodo storico per intero, in tutto il suo contesto, e non nel suo evento più eclatante.

Non si tratta di fare del nominalismo, continua lo storico anglo-marxista, possiamo anche rinunciare a molto di quello che intendevamo per „fascismo“, ma non possiamo rinunciare alla prospettiva comparativa, ai paragoni. „Storicizzare“ tutto può condurre al provincialismo, sostiene Mason, può diventare una ricetta „da provinciali“, anche quando a prescriverla è un maestro „impeccabile“ come Habermas:

If we can now do without much of the original contents of the concept of ‚Fascism‘, we cannot do without comparison. ‚Historicization‘ may easily become a recipe for provincialism. And the moral absolutes of Habermas, however politically and didactically impeccable, also carry a shadow of provincialism, as long as they fail to recognize that fascism was a continental pheonomenon, and that Nazism was a peculiar part of something much larger. Pol Pot, the rat torture, and the fate of the Armenians are all extraneous to any serious discussion of Nazism; Mussolini’s Italy is not.“

L’Italia Mussoliniana non si può chiamare fuori da un discorso serio sul nazismo. Timothy Mason scrisse questo poco prima della sua morte (avvenuta per suicidio, a Roma, all’età di 50 anni). Ma i suoi suggerimenti furono presto raccolti, per esempio in un convegno su Fascism in Comparative Perspective al St.Peter, il College di Oxford dove per tanti anni aveva insegnato storia tedesca ed europea, (documentato sotto lo stesso titolo da Eve Rosenhaft in German History, vol 12, no.2/1994, pp.197-202).

Nel 1996 uscì, a cura di Richard Bessel della Open University, unvolume dal titolo dichiaratamente comparatista ma anche „contrastivo“: Fascist Italy and Nazi Germany, Comparisons and Contrasts. Sempre in memoria di Tim Mason, ispirato dal suo aver spezzato una lancia a favore dei paragoni fascismo-nazismo, qui si mettono in risalto sia le notevoli affinità sia le differenze tra i due „movimenti parenti“ (anche oltre quella maggiore sul razzismo genocidale). Per esempio, il ruolo degli operai, delle donne, e del modernismo è tematizzato in ben sei dei dieci saggi che formano questo libro edito dalla Cambridge University Press.

L’introduzione di Richard Bessel, da un lato sostiene che il concetto di fascismo, che storicamente per lui ha significato guerra in tutte le salse, è da rivalutare, ridefinire, ri-generalizzare in un’ottica alquanto diversa da quella che si aveva all’epoca della guerra fredda. D’altro canto, pur senza paragoni pregiudiziali, ci ricorda che „sin dall’inizio c’erano buone ragioni perchè questi due fenomeni meritassero di essere raffrontati„:

After all, scrive:

both were radical ideological and political negations of the Enlightenment;

both came to power in countries deeply shaken by economic, political and osychological crises in the wake of the First World War;

both were militantly opposed to parliamentary democracy;

both aggressively assaulted the Left;

both glorified the role of violence in politics and war;

and both led their respective countries to ruin. 

Mann nimmt Faschisten ernst

Michael Mann von der University of California Los Angeles UCLA (er lehrt aber auch an der Queens University in Belfast in Nordirland) gilt als einer der führenden Soziologen der Gegenwart, eine zweibändiges Werk The Sources of Social Power als Referenztext zu den Quellen, Mechanismen und Netzwerken gesellschaftlicher Macht. Dem Faschismus hatte er eigentlich nur ein Kapitel in einem geplanten dritten Band zugedacht. Dann sind jedoch zwei weitere eigene Bücher daraus geworden. Das eine hat auch, aber nicht nur mit dem europäischen Faschismus, sondern mit „ethnischen Säuberungen“ auch andernorts zu tun und trägt den Titel: The dark Side of Democracy: Explaining Ethnic Cleansing (italienische Fassung: Il lato oscuro della democrazia. Alle radici della violenza etnica ed. Università Bocconi, I nuovi classici;

Das erste heißt einfach Fascists und analysiert soziologisch den Aufstieg derselben, zuerst in Italien, dann in Deutschland, auch in Österreich (Austrofaschisten auf der einen, Nazis auf der anderen Seite). Mann widmet dann auch der ungarischen, der rumänischen und der spanischen „Familie des Autoritarismus“, wie er diese nennt, eigene Kapitel. Er schließt mit einem Rückblick auf die Faschismen, die hinter uns liegen – und jene, die noch auf uns zukommen könnten.

Zuerst nennt Michael Mann

Sieben Gründe, warum Faschisten ernstzunehmen sind:

1. Der Faschismus ist -neben der Umweltbewegung- die einzige wichtige politische Doktrin, die die Moderne im 20.Jahrhundert hervorgebracht hat; von daher ist anzunehmen, dass irgendetwas Ähnliches -aber sicher unter einem anderem Namen- auch im 21.Jahrhundert eine wichtige Rolle spielen wird .

2. Der Nationalstaat prägt unsere Ära, mit all seinen Ideologien und Pathologien, aber meist in relativ milder Form. Der Faschismus ist die extremste, die paramilitärische Ausprägung der vorherrschenden, der nationalstaatlichen Ideologie unserer Epoche.

3. Die faschistische Ideologie muss in ihrem Innern ernst genommen werden, statt dass man sie einfach als verrückt, widersprüchlich oder vage abtut. (…) Das war eine Bewegung mit Idealen, die wesentliche Teile zweier Generationen überzeugte, sie könnte eine harmonischere soziale Ordnung zustandebringen.

4. Wir müssen die Frage ernstnehmen, was für eine Art Mensch vom Faschismus angezogen war. Ungebildete gab es bei den Faschisten und ihren Anhängern nicht mehr als anderswo. Überdurchschnittlich vertreten waren relativ gebildete junge Männer aus allen sozialen Schichten, für die die Nation und der Staat einen hohen Wert darstellten.

5. Wir müssen auch die faschistischen Bewegungen ernstnehmen: hierarchisch, aber kameradschaftlich, eröffneten sie ihren Anhängern neue Chancen: einerseits zu radikaler, aber durch die Gruppe „legitimierter“ Gewaltanwendung, andererseits zu opportunistischer Anpassung und rasanter Karriere.

6. Wir müssen „hartgesottene“ Faschisten auch in einem viel dunkleren Sinn ernstnehmen: als Leute, die anderen Schlimmes antun können. Diese Fähigkeit ist Teil des menschlichen Wesens. Die Selbsttäuschung faschistischer Täter gehört auch dazu. Faschismus verstehen heißt verstehen, wie Menschen mit anscheinend hohen Modernisierungsidealen dazu kamen, letztlich absolut Böses zu tun.

7. Wir müssen die Möglichkeit ernstnehmen, dass wieder Faschisten im Kommen sind. Einige der Voraussetzungen, die Faschismus hervorgebracht haben, sind gegeben. Ethnische und politische „Säuberung“ war einer der prägendsten „Beiträge“ Europas zur Moderne; und gewalttätiger Paramilitarismus war eine Spezialität unseres 20.Jahrhunderts.

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(Source: Michael Mann, Fascists, Cambridge University Press,2004, pp. 1-4)

Robert O.Paxton: the questions to ask today

Defining fascism functionally, together with distinguishing clearly among successive stages, also helps us answer the burning question of this moment: can fascism still exist today?

After ethnic cleansing in the Balkans, the rise of exclusionary nationalisms in postcommunist Eastern Europe, the „skinhead“ phenomenon in Britain, Germany, Scandinavia, and Italy, and the election of Mirko Tremaglia, a veteran of the Republic of Salò, as chairman of the Foreign Affairs Committee of the Italian Parliament during the Berlusconi government, it would be hard to answer „no“ to that question.

New functional equivalents of fascism would probably work best,…clad in the maimstream patriotic dress of their own place and time. An authentically popular fascism in the United States would be pious and anti-Black; in Western Europe, secular and antisemitic; or more probably, these days, anti-islamic; in Russia and Eastern Europe, religious, antisemitic and slavophile.

It is wiser to pay attention to the functions fulfilled by new movements of an analogous type, to the circumstances that could open a space to them, and to the potential conservative eltite allies ready to try to coopt them rather than look for echoes of the rhetoric, the programs, or the aesthetic preferences of the protofascists of the last fin de siècle.

The right questions to ask of today’s neo- or protofascisms are:

– Are they becoming rooted as parties that represent major interests and feelings and wield major influence on the political scene?

– Is the economic or constitutional system in a state of blockage apparently insoluble by existing authorities?

– Is a rapid political mobilization threatening to escape the control of traditional elites, to the point where they would be tempted to look for tough helpers in order to stay in charge?

– It is by answering those kinds of questions, grounded in a proper historical understanding of the processes at work in past fascisms, and not by checking the color of the shirts or seeking traces of the rhetoric of the national-syndicalist dissidents of the opening of the twentieth century, that we may be able to recognize our own day’s functional equivalents of fascism.

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(Source: Robert O. Paxton, The Five Stages of Fascism, The Journal of Modern History, Vol. 70, No. 1. (Mar., 1998), pp. 1-23, The University of Chicago Press: http://w3.salemstate.edu/~cmauriello/pdfEuropean/Paxton_Five%20Stages%20of%20Fascism.pdf = http://links.jstor.org/sici?sici=0022-2801%28199803%2970%3A1%3C1%3ATFSOF%3E2.0.CO%3B2-3)

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